Das Rappenalptal ist in den Sommermonaten ein durchaus stark frequentiertes Tal südlich von Oberstdorf. Vor allem Radfahrer besuchen das wilde, eingeschnittene Tal zwischen Rappenseehütte und Mindelheimer Hütte. Aber auch zahlreiche Wanderer. Jetzt hat ein Umweltskandal das Rappenalptal in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Es gibt zahlreiche Wege und Tourenziele im Rappenalptal. Der Aufstieg zum Haldenwanger Eck ist eines dieser Ziele. Mit dem Mountainbike geht es zunächst von Oberstdorf über Faistenoy und die Birgsau zur Speicherhütte, und anschließend zu Fuß zu Deutschlands südlichstem Punkt.

Bergtouren auf die Mindelheimer oder die Rappenseehütte und von dort weiter zu den Gipfelzielen rund um den Biberkopf oder das Walser Geißhorn sind nicht minder beliebt. Und dann gibt es ja auch noch die Höhenwege, die oberhalb des Tals verlaufen. So wie der Krumbacher Höhenweg oder auch die »Hufeisen-Runde«, die die Allgäuer Schutzhütten über die verschiedenen Wege und Gipfelziele, wie den Heilbronner Höhenweg, Mädelegabel, oder Hohes Licht, miteinander verbindet.
In den vergangenen Tagen ist das Allgäuer Tal aber aus einem ganz anderen Grund in die Schlagzeilen geraten. Der Umweltskandal im Rappenalptal zieht weite Kreise. Was ist passiert? Eine Zusammenfassung.

Umweltskandal im Rappenalptal
Naturliebhaber, Verbände und Lokalpolitiker laufen Sturm! Von der »schlimmsten Naturzerstörung der letzten Jahre im Oberallgäu« ist die Rede*.

Nach aktuell vorliegenden Informationen wurde der Rappenalpbach, der das Tal als Wildbach durchfließt, auf einer Länge von 1,6 Kilometern ausgebaggert und begradigt.
Laut Aussage des Landratsamt Oberallgäu, das als Untere Naturschutzbehörde für das Gebiet zuständig ist, lag dafür keine Genehmigung vor. Es gab wohl lediglich Gespräche in Bezug auf »kleinere Maßnahmen zum Gewässerunterhalt«, so das zuständige Wasserwirtschaftsamt in Kempten*.
Das Resultat der Baumaßnahmen im Rappenalptal: große Teile der ansässigen Tier- und Pflanzenwelt wurden im Bereich der Baggerarbeiten nachhaltig geschädigt, in Teilen sogar unwiderruflich zerstört. Die Ausbaggerung des Rappenalpbach hatte offenbar auch eine Zerstörung der Bachsole zur Folge, so dass der Wildbach in Teilen im Untergrund versickert. Laut Experten wirkt sich das auch auf die Tier- und Pflanzenwelt im unteren Bereich des Bachlaufs aus.
Der genaue Schaden ist noch gar nicht abzusehen und soll nun durch Experten untersucht werden. Laut dem Landratsamt Oberallgäu wurden verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben. Bis das genaue Ausmaß der Schäden festgestellt wird, dürfte noch einige Zeit ins Land ziehen.
Sowohl Verbände, wie auch regionale und überregionale Stellen und Regierungsvertreter fordern eine rasche Aufklärung des Falls. Auf die Verantwortlichen dürften empfindliche Strafen zukommen. Die Staatsanwaltschaft in Kempten hat bereits ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet.
Das Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen
Das Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen umfasst etwa 20.724 Hektar. Es erstreckt sich entlang der bayerischen Landesgrenze der nördlichen Kalkhochalpen im südlichen Teil des Landkreises Oberallgäu.
In der folgenden Karte ist das Naturschutzgebiet der Allgäuer Hochalpen, dessen Lage und Ausmaße rot-schraffiert eingezeichnet. Das Rappenalptal liegt inmitten der ausgewiesenen Schutzfläche.
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Neben Nationalparks, wie der Bayerische Wald oder der Nationalpark Berchtesgaden, gehören zu den am strengsten geschützten Gebieten. Ihre Zerstörung oder Veränderung ist untersagt, was einen besonderen Schutz von Lebensräumen und den darin wildlebenden Pflanzen- und Tierarten gewährleistet.
Die Nutzung von Naturschutzgebieten ist nur dann erlaubt, wenn sie dem Schutzziel nicht entgegen steht.
Zweck des Schutzgebiets
- einen Teilbereich der Allgäuer Alpen wegen seiner Schönheit, Vielfalt, Eigenart und Ruhe in seiner Gesamtheit zu schützen
- seltene, gefährdete und schutzbedürftige Pflanzen- und Tierarten zu schützen und ihre Lebensräume zu sichern und Störungen fernzuhalten
- die naturbedingten Veränderungen der Oberflächengestalt unbeeinflusst zu lassen und insbesondere die natürlichen Gewässer unverändert zu erhalten
- den Naturhaushalt und die Waldbestände stabil zu erhalten und die natürliche Waldverjüngung zu fördern
- die Entwicklung von standortheimischen Bergmischwäldern zu unterstützen
Das ist in einem Natruschutzgebiet verboten
Alle Handlungen sind verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Gebietes oder zu einer nachhaltigen Störung führen können. Unter anderem:
- Errichtung baulicher Anlagen im Sinne der Bayerischen Bauordnung
- das Verlegen von Leitungen jeder Art, zum Beispiel für Seilbahnen oder Lifte
- Biotope der Pflanzen und Tiere zu stören und nachteilig zu verändern, sowohl durch chemische wie auch mechanische Maßnahmen
- das Aussetzen von Tiere oder Pflanzen
- Feuer zu machen, zu zelten oder außerhalb felsiger oder felsnaher Bereiche zu biwakieren
- außerhalb der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen mit Fahrzeugen aller Art zu fahren oder diese abzustellen, das gilt auch für das Abweichen von gekennzeichneten Rad- oder Reitwegen
- außerhalb der genehmigten Wege Fahrrad zu fahren
Prinzipiell kann kann die Regierung von Schwaben in Einzelfällen Ausnahmen erteilen, wenn die Notwendigkeit eines (Bau-)Vorhabens und die Nachhaltigkeit des Eingriffs den Schutzzweck überwiegen. Das sei im aktuellen Fall aber nicht so gewesen.
Übersichtskarte Rappenalptal
Weitere Berichte rund um das Thema
Der Umweltskandal zieht weite Kreise und ist nicht nur von lokalem Interesse, wie die Berichterstattungen in den unterschiedlichen Medien zeigen. Ein Auszug:
Updates & Neuigkeiten
23.11.2022
Bayerischer Umweltminister vor Ort
Bei einem Vor-Ort-Termin hat sich der Bayerische Umweltminister Thorsten Glauber selbst einen Überblick über die Situation im Rappenalptal gemacht.
Die Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller war ebenfalls vor Ort und erklärte, dass es im August 2022 es ein Schlagwetterereignis gab, bei dem es auch Kieseinträge in den Bach kam. In dem Zusammenhang gab es Beratungen zu kleineren Maßnahmen, um die Folgen zu beseitigen.
Weitere Informationen zum Besuch des Umweltministers kannst Du übrigens auf AllgäuHIT nachlesen.
25.11.2022
Antwort des Landrastamt Oberallgäu auf die Anfrage nach einem evtl. eingereichten Bauantrag bzw. dessen Genehmigung; Zitat aus dem Antwortschreiben:
„…haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Es ist jedoch so, dass es weder einen Bauantrag noch eine Baugenehmigung gibt. Auch sonstige Genehmigung wurde nicht erteilt. Es gab im Vorfeld lediglich Beratungen zu kleinen, punktuellen Unterhaltungsmaßnahmen, um die Folgen eines Starkregenereignisses zu beseitigen. Bei diesem Starkregenereignis Mitte August wurden Alpflächen neben dem Rappenalpbach zum Teil meterhoch mit Geröll und Kies überschüttet.“
…
„Was es gab, war ein Beratungsgespräch durch eine Fachkraft der unteren Naturschutzbehörde vor Ort, bei dem es um die Beseitigung der Schlagwetterfolgen ging. Die dafür vereinbarten, punktuellen Maßnahmen entsprachen Maßnahmen zu Gewässerunterhalt und Gewässerpflege. Solche Vorhaben sind gar nicht genehmigungspflichtig.
Die Maßnahmen, die letztlich durchgeführt wurden, entsprechen einem Gewässerausbau. Dieser wäre mindestens genehmigungspflichtig – in diesem besonders geschützten Gebiet aber niemals genehmigungsfähig. Dafür gab es aber seitens der Alpgenossenschaft nicht einmal einen Antrag.“
Quelle: Büro der Landrätin/Pressestelle
26.11.2022
Polizei bittet um Mithilfe und sucht Zeugen bzw. Bildmaterial
Die Staatsanwaltschaft Kempten hat der Allgäuer Zeitung zufolge „Ermittlungen wegen Verdachts der Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete“ eingeleitet. Bei der Kriminalpolizei in Kempten ist eine Ermittlungsgruppe eingerichtet worden. Die bittet nun Wanderer oder Personen, die sich im Zeitraum September und Oktober 2022 im Rappenalptal aufgehalten und eventuell Bilder der Bauarbeiten gemacht haben, um Mithilfe. Es wurde hierfür ein Onlineportal eingerichtet, auf das Bilder und Videos hochgeladen wurden.
Alternativ ist die Ermittlungsgruppe unter der Email pp-ses-kempten.kpi@polizei-bayern.de bzw. unter der Telefonnummer 0831/99090 erreichbar.
15.12.2022
Nach und nach kommen mehr Informationen ans Tageslicht
„Wer wusste wieviel rund um den Umweltskandal im Rappenalptal im Süden des Allgäus? Was war besprochen worden, was genehmigt? Nach und nach kommen immer mehr Einzelheiten ans Licht. Ein Satz in einem Aktenvermerk ist besonders brisant…“
Die Quelle, weitere Infos und den gesamten Beitrag findest Du auf AllgäuHIT.
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