Zuletzt aktualisiert am 22. August 2024
Der Kaiserjägersteig ist nur in ganz wenigen Abschnitten ein Klettersteig. Man könnte ihn mehr als alpine Steiganlage bezeichnen. Es handelt sich also um einen einfachen Klettersteig, der auch für Anfänger gut zu meistern ist. Aber da ist noch mehr. Viel mehr! Da ist einerseits der geschichtliche Aspekt, dem man sich auf dieser Tour zum Kleinen Lagazuoi nicht entziehen kann. Da ist der grandiosen Ausblick auf die umliegende Bergwelt der Dolomiten. Und dann ist zu guter Letzt der Abstieg durch ein Tunnelsystem, das zwar nicht mehr zum Kaiserjägersteig zählt, aber in absolut eindrucksvoller Weise nochmals diese Tour und deren geschichtlichen Hintergrund abrundet.
Ursprünglich habe ich mir diesen leichten Klettersteig im Schwierigkeitsgrad A als entspannte Tour während meiner Auszeit in Südtirol ausgesucht. Gleich vorweg genommen. In Sachen Schwierigkeit ist der Kaiserjägersteig tatsächlich entspannt zu gehen. In Sachen Panorama, wie so viele Touren rund um Alta Badia, einfach grandios. Ich erinnere da gerne an die herrliche, aber deutlich anspruchsvollere 4-Peaks-Tour.
Aber die Tour hat noch eine andere, eine im wahrsten Sinne des Wortes dunkle Seite, die sie so einzigartig macht.
Aufstieg zum Kaiserjägersteig
Die Bergtour beginnt am Parkplatz der Lagazuoi Bergbahn, direkt auf der Passhöhe des Falzarego Pass.
Zunächst auf einem breiten Schotterweg unterhalb der Seilbahn, dann bald links ab. Der Abzweig war zum Zeitpunkt meiner Tour nicht beschildert, aber gut zu erkennen. Dem breiten Schotterweg folgend würde es in Richtung der »Galleria« – dem Felsentunnel gehen, der später den Abstieg vom Piccolo Lagazuoi sein wird.
Unterhalb des Bergstocks geht es zunächst mäßig, dann immer steiler in Richtung des Einstiegs in den Kaiserjägersteig. Es gibt immer wieder kleine Pfade, die vom Hauptweg abzweigen und sich später wieder mit ihm vereinen. Die Schützengräben entlang des Weges lassen erahnen, was auf der Tour noch folgen wird.
Schließlich steigt der Weg immer steiler. In vielen, mit Holzstämmen gefassten Kehren geht es in Richtung Felswand. Dann zieht sich der Weg im Fels dem Einstieg entgegen. Ungesichert, aber nicht ausgesetzt geht es in einer Rinne nach oben. Die ist teils mit Klammern im Fels bestückz, aber auch mit großen Holzbalken, die als Stufen dienen.
Das Herzstück des Steigs
Kurz vor der hölzernen Hängebrücke beginnen die Sicherungen im Fels. Auf einem relativ breiten aber dennoch ausgesetzten Band geht es flach zum Herzstück des Klettersteigs. Die Hängebrücke ist sehr stabil und nicht mit einer Seilbrücke zu vergleichen.
Im Anschluss führt die Route wieder steiler nach oben. Die Sicherungen sind spärlich, aber immer an den wichtigsten Stellen angebracht. Der Schwierigkeitsgrad A wird dabei nie überschritten.
Die Topo zur Tour macht deutlich, dass der Klettersteig mit vielen Gehpassagen aufwartet. Die sind ohne Sicherung, aber auch ohne Probleme zu meistern.
Im Grunde stellt der Bereich um die Brücke den anspruchsvollsten Part dar. Und der ist nicht allzu lang. Kurz nach Beginn des Kaiserjägersteig wird der Klettersteig selbst, wie auch das unbeschreiblich schöne, »kaiserliche« Panorama mit Marmolada oder Piz Boe zum Nebendarsteller.
Wenn der Klettersteig zur Nebensache wird
Denn plötzlich verstummt das Lachen, das sich den gesamten Aufstieg hinweg unweigerlich im Gesicht breit gemacht hat.
Die Landschaft. Der Fels. Die Aussicht. Alles nebensächlich, sobald Du Dich in einer der Stellungen im Fels wiederfindest. Dunkel, feucht, eng. Ein paar Hinweistafel, zur Zeit meiner Tour teils sehr verblichen, geben eine Erklärung für das, was sich hier vor gut einhundert Jahren abgespielt hat. Die Felsengänge selbst erzählen die Geschichte der Bedingungen, unter denen die Soldaten an der hier Dolomitenfront gelebt haben müssen.
Ein Weg, so schrecklich wie die Schönheit der Landschaft, die ihn umgibt…
Diese Geschichte und die historischen Ereignisse stehen in einem extremen Gegensatz zu der Schönheit der gesamten Region und den einmaligen Ausblicken.
Natürlich endet der Steig mit den ersten Stellungen nicht. Im Gegenteil. Er zieht sich weiter nach oben, bis knapp unter die 2800-Meter-Marke. Die anspruchsvolleren Abschnitte liegen allerdings bereits hinter uns. Und die schönen Ausblicke sind weiterhin stiller Begleiter, wie auch die Eindrücke vom Besuch der Tunnel und Höhlen.
Aufstieg auf den Piccolo Lagazuoi
Von den Stellungen aus geht es über eine breite Schulter in Richtung Gipfel. Es geht zwar teilweise steil, aber nicht wirklich ausgesetzt nach oben.
Aufgrund der zahlreichen Pfade und spärlichen Markierungen ist die Orientierung oft gar nicht so leicht. Vereinzelt finden sich aber Steinmännchen und ältere, rot-weiß-rote Zeichen. Wichtig ist es dabei, nicht zu weit nach rechts zu gehen, sondern unterhalb der Felswand nach oben zu steigen.
Im weiteren Verlauf wird der Pfad dann wieder deutlicher und teilweise sind auch wieder Holzbalken zur Wegbefestigung, Stufen und Drahtseile angebracht. Letztere dienen aber weniger der Sicherung sondern vielmehr als Aufstiegshilfe.
Erst kurz unterhalb des Gipfels kommen wieder leicht ausgesetzte Bänder. Die sind an den entscheidenden Stellen aber wiederum mit Drahtseilen gesichert, bevor der Gipfel und das 360-Grad-Panorama erreicht ist.
Ab dem Gipfelkreuz ist der Weg breit ausgebaut. Er führt in zwei Varianten zur Bergstation der Seilbahn. Einerseits über eine kleine Felskuppe, andererseits über einen eisernen Steg an der Felswand entlang.
Abstieg über den Felsentunnel
Unterhalb der Seilbahn beginnt, gut ausgeschildert, der Abstieg in Richtung der »Galleria«, dem gigantisch langen Felsentunnel. Etwa 10 Minuten dauert der Weg bis zum Eingang. Dabei geht es abermals durch den ein oder anderen Schützengraben hindurch. Der Abstieg durch den nun folgenden 1100 Meter langen Tunnel dauert eine gefühlte Ewigkeit.
Wenn das Klettersteig-Set für den ein oder anderen bis dato ohne triftigen Grund mit nach oben geschleppt wurde, spätestens mit Beginn des Tunnels weißt Du warum. Zumindest in Sachen Helm, der gerade auf den ersten, sehr niedrigen Metern gute Dienste leistet.
Taschenlampe bzw. Stirnlampe ist, neben dem Helm und festem Schuhwerk, übrigens Pflicht! In den Gängen und Stollen ist es stockfinster!
Unzählige und nicht enden wollende Stufen ziehen sich von nun an talwärts. Im oberen Bereich kannst Du zwischen verschiedenen Varianten wählen. Alle führen nach unten. Und bei allen kannst Du immer wieder zu alten Schießscharten, Aussichtsposten oder MG-Stellungen abzweigen.
Am Ende des Tunnels kommt nicht nur das Tageslicht, sondern auch ein etwa eine Stunde dauernder Abstecher zum Martinsband und weiteren Stellungsanlagen.
Zurück zur Passhöhe geht es allerdings in die andere Richtung. Ein kurzer, einfacher Abstieg in eine kleine Schlucht führt zu einem letzten kurzen Tunneldurchstieg. Der ist nach einem kleinen, gesicherten aber unschwierigem Gegenanstieg erreicht. Dann beenden ein paar Stufen diesen eindrucksvollen Abstieg fürs Erste.
Jetzt sind es noch gut 30 Minuten. Und die sind deutlich entspannter. In einigen Kehren geht es hinunter auf den breiten Schotterweg und zurück zum Parkplatz.
Das Bergparadiese Fazit
Ein Klettersteig der sich wirklich lohnt. Nicht aufgrund der Schwierigkeit. Sicher aufgrund der ehrlichen Dolomiten-Landschaft. Aber in aller erste Linie aufgrund der Kombination aus Schönheit und Schrecken, der man sich einfach nicht entziehen kann!
Und auch die Landschaft rund um den Kleinen Lagazuoi ist einfach atemberaubend.
Ein Jahr nach meiner ersten Tour habe ich die Region um San Cassiano erneut besucht und bin von San Cassiano aus zum Falzarego Pass gelaufen. Damals als Trailrun, wobei sich die Tour auch bestens als leichte Wanderung eignet.
Von der Bergstation am Piz Sorega stehen knapp 15 Kilometer und 600 Höhenmeter auf dem Streckenplan. Immer dabei ist der herrliche Blick zur mächtigen Marmolada.
Über breite Wander- und Wirtschaftswege wanderst Du zunächst über sanfte Hügel, bevor es schließlich über wunderschöne Bergwege zum Valparola Bergsee (Lago di Valparola) und dem gleichnamigen Pass geht. Vom Forte Tre Sassi, wo sich auch ein kriegsgeschichtliches Museum befindet, geht es schließlich unterhalb des Zustiegs zum Kaiserjägersteig zur Talstation der Bergbahn am Falzarego Pass.
Karte zur Tour
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Im Bereich des Felsentunnels stimmen die aufgezeichneten GPX-Daten natürlich nicht. Die Gehzeiten hingegen schon.
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- Zahel, Mark(Autor)
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- Jentzsch-Rabl, Axel(Autor)
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Infos & Tipps rund um den Kaiserjägersteig
Aus Richtung Alta Badia kommend erreichst Du die Bergbahn auf den Lagazuoi über St. Kassian und den Valparola Pass. Auf der Passhöhe des Falzarego Pass befindet sich die Kabinenbahn und der gebührenpflichtige Parkplatz.
Die Parkgebühr beträgt für PKW 5,00€ pro Tag.
Alle Infos Stand Oktober 2022
Ich bin ehrlicherweise nicht eingekehrt. Aber sowohl an der Berg- als auch an der Talstation der Bahn hast Du die Möglichkeit dazu.
Einen Überblick und eine Zusammenfassung dieses Buchs findest Du auch in meinem Blogbeitrag.
- Robst, Romy(Autor)