Zuletzt aktualisiert am 15. April 2024
Die Drei Zinnen! Erinnerungen an ein unvergessliches Bergerlebnis in Südtirol.
Die Drei Zinnen sind schon auf Plakaten oder in Zeitungsartikeln mehr als eindrucksvoll. Vor „dem“ Wahrzeichen der Südtiroler Berge zu stehen ist aber nochmal eine „andere Hausnummer“. Wenn man dann auch noch das Glück hat, bei perfektem Herbstwetter zwei wunderschöne Klettersteige rund um die berühmten Dolomitengipfel zu machen, dann schlägt das Herz eines jeden Bergliebhaber nicht nur höher, sondern definitiv schneller!
Manche Dinge kann man definitiv nicht oder nur schwierig, planen. Bereits einige Wochen vor unserem Trip stand das Ziel, die Drei Zinnen, fest. Auch die Touren waren (relativ) schnell gefunden. Dass aber das Wetter in dieser Herbstwoche derart mitspielte, da gehört schon eine kleine Portion Glück dazu. Die Kulisse rund um den Lago di Misurina bot den perfekten Rahmen und zugleich das „Basislager“ für unsere beiden Klettersteig-Begehungen. Einige der Hotels hatten bereits geschlossen und der See lag fast schon verträumt inmitten seiner prächtigen Bergkulisse.
Ausgangsort der Touren war das Rifugio Auronzo, eine auf 2.320m hoch gelegene Unterkunft, die bereits zu Beginn unserer Planungen ausgebucht war. Daher ging es um kurz nach 6 Uhr über die unweit des Lago di Misurina beginnende Mautstrasse nach oben. Je nach Jahreszeit öffnet und schließt die Mautstrasse (zum Zeitpunkt der Tour 25,- €/PKW) zu unterschiedlichen Zeiten. Da die Dämmerung um 6.30 Uhr begann, kam uns die Öffnung der Passstrasse mit 6 Uhr natürlich sehr entgegen.
Einmaliges Farbenspiel zum Sonnenaufgang
Der große Parkplatz am Rifugio war noch spärlich gefüllt und ein 5 Grad kalter Wind wehte uns zur Begrüßung entgegen. Der Wind war aber nicht der Grund, warum unsere Augen zu dieser frühen Stunde weit offen standen. Am Horizont begann allmählich ein orange-goldener Streif den dunklen Nachthimmel vom schwarzen Untergrund abzutrennen. Nach und nach wuchsen die markanten, spitzen Felsentürme der Dolomiten nach oben. Etwas weiter unten im Tal waberte der Nebel und schob dann und wann ein paar flauschige, weiße Wellen über den Bergsattel unweit des Rifugio Auronzo. Aufgrund der Lage konnte man zwar keinen direkten Sonnenaufgang beobachten, aber das Farbenspiel von schwarzer, lilafarbener und dunkelblauer Nacht, die langsam dem Tag wich, war einmalig.
Die Wege wurden deutlicher und so begannen wir unsere Tour in Richtung der Lavaredo-Hütte. Entgegen unserer Vermutung waren noch sehr wenige Bergsteiger an diesem Wochentag unterwegs. Auf einem breiten Fahrweg ging es, vorbei an der Lavaredo Hütte, in Richtung des Paternkofel-Sattel. Wir näherten uns also von der Rückseite der Drei Zinnen dem Sattel, der die berühmte „Schokoladenseite“ des felsigen Dreigestirns frei gab. Auf dem Sattel wurden Augen und Mund noch größer.
Im Angesicht der Drei Zinnen
Wer zum ersten Mal „Aug in Aug“ vor diesen Felskolossen steht, wird deren Anblick nie mehr vergessen. Auch wenn sich im Verlaufe der beiden folgenden Touren noch weitere eindrucksvolle Panoramen boten, so war dieser „berühmte erste Eindruck“ etwas ganz Besonderes!
Was nun folgte, war sozusagen die alpine Krönung dieser wunderbaren Begegnung. Für die beiden Klettersteigbegehungen diesen beiden Tagen stellte der Weg über den Sattel und der weitere Weg, hinunter zur Drei Zinnen Hütte, jeweils der Zugang dar.
Auf dem, nach wie vor breiten und sandig-schottrigem, Fahrweg ging es zur Drei Zinnen Hütte, die just am Wochenende zuvor die letzten Gäste beherbergte.
Nicht zuletzt das war vermutlich der Grund dafür, dass die beiden Klettersteige deutlich weniger begangen waren, als die Tourenbeschreibungen in Zeitschriften und im Internet in Aussicht gestellt hatten. Die Hütte war nach gut einer Stunde erreicht und pünktlich dazu trafen auch die ersten Sonnenstrahlen hier ein.
Tag 1: Der Paternkofel-Klettersteig
Direkt an der Hütte weisen Schilder auf die „Kriegssteige“ aus den Jahren 1914-1918. Nach einem kurzen Anstieg erreichten wir den Zugang zum Klettersteig, der aus einigen in den Fels gesprengten Tunneln besteht. Kurz nach der Passage der ersten Stollen, die mit steilen Stufen durch den Berg nach oben führen, folgte der längste, steilste und zugleich dunkelste Stollen. Neben dem üblichen Klettersteig-Set und Helm war hier eine Stirnlampe mehr als angebracht.
In tiefster Finsternis ging es in dem teils feucht und modrig riechenden Stollen steil durch den Berg nach oben. Unzählige Stufen, die feuchte Luft, und nicht zuletzt die Höhe von über 2.400m machten sich beim Atmen bemerkbar.
Schließlich war das Ende des Tunnels und der nun beginnende drahtversicherte Teil des Steigs erreicht. Einige Gedenktafeln an der Felswand mahnen hier den Begeher zur Vorsicht und zu Respekt vor den Tücken des Steigs.
In leichter Kletterei ging es zunächst an der Wand entlang. Eine breite, nicht allzu steile Rinne führte uns weiter nach oben, bevor wir, nahezu überraschend schnell, auf einem kleinen Sattel unterhalb des Patternkofel standen. Nun ging es zunächst parallel zur Wand in wieder felsigeres Terrain. Nach einem weiten Spreitzschritt war der steilere Aufstieg zu unserem 2.744m hohen Ziel erreicht. Wenn auch kurz, so bot der Anstieg nun deutlich mehr Klettersteig-Charakter.
Nach wenigen Minuten endeten allerdings die Drahtsicherungen und der finale Aufstieg zum Paternkofel war geprägt von leichter Kraxelei über terrassenartigen Felsplatten, wobei der teilweise schottrige Untergrund dennoch zur Konzentration aufrief.
Letztlich wuchs das wunderschöne Gipfelkreuz nach und nach vor unseren Augen empor und auch die gegenüberliegenden Drei Zinnen zeigten sich von ihrer schönsten Seite.
Der weitere Weg in Richtung der Büllelejochhütte erfolgte zunächst über den Abstieg zum zuvor beschriebenen Sattel. Auf der anderen Seite waren bereits die Felsbänder durch einige vor uns gehende Klettersteigler gut markiert. Nach dem Sattel ging es ebenerdig, über eine breites Felsband um einen der markanten Türme des Felsmassivs.
Immer gut gesichert, vor atemberaubender Kulisse, stiegen wir am Berg entlang zu einer Brücke, die ohne Schwierigkeiten über einen Abgrund führte. Schließlich war wieder etwas Armkraft gefragt und es ging wieder einige Meter nach oben, bis schließlich eine schräg abfallende Ebene erreicht war.
Auf dem breiten Bergrücken begann nun der Abstieg, der zwischenzeitlich von einer kurzen, drahtversichterten Scharte und einer darauffolgenden Leiter, die als Aufstiegshilfe diente, unterbrochen war. Diese Passage war zugleich der Punkt, an dem das Klettersteig-Set ausgedient hatte. Nun ging es in einem weiten Rechtsbogen, über tiefschottriges Terrain nach unten. Ein breiter Wanderweg führte, wiederum kurze Zeit bergauf, wieder zurück zur Lavaredo-Hütte und dann auf bekanntem Weg zurück zum Parkplatz am Rifugio Auronzo.
Tag 2: Der Toblinger Knoten
So wie der erste, begann auch der zweite Tag mit einer Dämmerungs-Tour zur Drei Zinnen Hütte. Vorweg sei erwähnt, dass es für die nun folgende Tour auf verschiedenen Internet-Portalen unterschiedliche Aussagen hinsichtlich des Schwierigkeitsgrads gibt. Ob es nun daran lag, dass wir nicht die mit vielen Leitern Gesichter Nordwand als Aufstiegsroute wählten, sondern die eher gemäßigte Ost-Route, mag ich bezweifeln. Der Steig ist, auf wenn er nicht sonderlich lang ist, definitiv eine Herausforderung und aus meiner Sicht nicht für Anfänger geeignet.
Von der Drei Zinnen Hütte ging es, zunächst leicht bergauf, rechts am 2617m hohen Sextener Stein vorbei. Kurz unterhalb des Sattels zwischen Toblinger Knoten und Sextener Stein teilt sich der Weg. Über den Sattel geht es in Richtung des mit Leitern gesicherten Aufstiegs, der bei an hoch frequentierten Tagen sicher der empfehlenswertere ist. Wir entschieden uns für den Aufstieg über die Ostwand.
Nach einigen hundert Metern war der Einstieg erreicht. Zunächst ging es „gemütlich“ nach oben in Richtung einiger alter Kriegsstellungen. Nicht alle Bereich waren gesichert, weshalb auf den mit Geröll übersätem Untergrund Vorsicht geboten war. Etwa nach dem ersten Drittel des Steigs wurde der Aufstieg steiler und anspruchsvoller, wenn auch von nun an durchgängig gesichert.
Der Gipfelbereich des Toblinger Knoten ist eine flache Platte mit einigen Felsblöcken und bietet eine atemberaubende Frontalansicht auf die Drei Zinnen und eine nicht minder beeindruckende Tiefsicht.
Der Abstieg erfolgte nun über zahlreiche Leitern, die senkrecht, teilweise überhängend, in mehreren Abschnitten nach unten führen. In den Übergängen zwischen den einzelnen Leitern bedarf es, ob der teils schmalen und spärlich vorhandenen Griffe im Fels, Fingerspitzengefühl.
Schließlich galt es einen schmalen, etwa 3 Meter langen Riss zwischen zwei Türmen des Toblinger Knoten per Spreizschritt zu bewältigen, bevor ein paar weitere Leiterstücke zu einer senkrechten Wand mit mehreren, nahezu ebenerdig angebrachten Eisentritten führten.
Ein paar Meter um die Felsnase herum folgte der erneute, nahezu senkrechte Abstieg. Gegen Ende des Steigs wurde die Leitern nicht weniger, aber sie waren etwas flacher angebracht, bevor ein kurzes seilversichertes Kletterstück zum Ende des Steigs führten. Über ein Felsband ging es in südlicher Richtung um den Toblinger Knoten herum in Richtung der Drei Zinnen.
Was folgte war eine ausgiebigen Rast auf einem dem Toblinger Knoten vorgelagerten Plateau, inmitten der unzähligen Kriegsstellungen und Schützengräben, die stumme Zeugen der Grauen sind, die sich hier vor 100 Jahren zugetragen haben müssen.
Topos und Karten zu den beiden Klettersteigen an den Drei Zinnen
Die Topos und Karten zu diesen beiden herrlichen Klettersteigen findest Du in den Einzelbeiträgen: