Zuletzt aktualisiert am 31. August 2024
Anregend-anspruchsvolle Bergtour über den Karwendelsteig auf die Westliche Karwendelspitze, hoch über Mittenwald.
Ein herrlich kühler Sommermorgen. Gerade einmal 16 Grad. Trocken. Die für den heutigen Nachmittag angesagten Regenschauer liegen noch in weiter Entfernung. Es ist also angerichtet für eine aussichtsreich-spannenden Bergtour über die Mittenwalder Hütte und den Karwendelsteig auf die 2.385m hohe Westliche Karwendelspitze.
In drei Etappen auf die Spitze
Diese Tour lässt sich in drei Abschnitte unterteilen. Der erste Abschnitt führt auf die Mittenwalder Hütte. Der knapp 600m hohe Aufstieg ist verhältnismäßig einfach und bietet bereits einen tollen Blick über Mittenwald.
Der zweite Abschnitt beginnt alpin, aber noch nicht sonderlich ausgesetzt. Die Route wird aber mit zunehmender Höhe merklich anspruchsvoller und erfordert Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und alpine Erfahrung.
Der dritte und letzte Teil dieser Tour ist lediglich ein kurzer, etwa 20 minütiger Aufstieg ab der Bergstation hinauf zum Gipfel. Hat man das Glück eines nebelfreien Tages, so ist der Tiefblick auf den Ort Mittenwald noch ein Stückchen spektakulärer als von der Bergstation oder dem vorangegangenen Aufstieg über den Steig.
Aufstieg zur Mittenwalder Hütte
An der Talstation der Karwendelbahn (das Tagesticket für das Parken kostet 5€ bei 2€ Gutschein für die Gaststätte an der Bergstation) geht es los. Der Weg führt zunächst über einen Kanal der im Frühjahr sicher das Schmelwasser aufnimmt. Es geht unter der Haupstrasse hindurch.
Dann geht es zunächst durch leichten Mischwald in Richtung Leitersteig, der von der Brunnsteinhütte (dem Abstiegsweg vom Mittenwalder Klettersteig) zur Talstation führt.
Der Waldweg klettert bald in vielen Kehren durch einen herrlichen alten Bergwald nach oben. Kleine felsige Tritte und Wurzeln wechseln sich ab. Der kurzweilige Weg schlängelt sich höher und höher. Immer wieder blinzelt das kleiner werdende Mittenwald durch die Baumwipfel. Kleine Bänke laden zum rasten und Aussicht genießen ein.
Kurz vor der Mittenwalder Hütte erkennt man erstmalig seit Beginn des Aufstiegs die schroffen, steilen Hänge unterhalb der Karwendelspitze. Ein großes Schneefeld liegt noch in einer der weiten Rinnen. Und dann ist die DAV Hütte plötzlich erreicht.
Wie ein Gamsnest liegt sie da. Mit herrlichem Überblick über Mittenwald hinüber zum Lautersee und weiter ins Wettersteingebirge. Die Erbauer hätten sich keinen schöneren Platz aussuchen können. Der Aufstieg zur Mittenwalder Hütte ist, soweit ich mich erinnere, mit gut 2 Stunden ausgeschildert. Auch wenn ich nicht das Gefühl hatte gerannt zu sein, war ich bereits nach 45 Minuten oben und somit am Einstieg zum Karwendelsteig.
Auf dem Karwendelsteig
Rechts an der Hütte vorbei beginnt nun der spannende Teil dieser Tour. Hinweisschilder des Alpenvereins, wie auch die schwarze Markierung der gelb leuchtenden Schilder, weisen auf alpine Gefahren und die erforderliche Trittsicherheit und Schwindelfreiheit hin.
Zunächst beginnt der Weg noch moderat inmitten der Latschenfelder, die nun von der Umgebung Besitz ergriffen haben und den Bergwald ablösen, zu steigen. Bei der ein oder anderen steilen Stufe werden auch mal die Hände benötigt. Eisenstifte und vereinzelte Klammern unterstützen beim Aufstieg. Alles aber in einem wenig bis gar nicht ausgesetzten Gebiet. Auch eine kurze schräge Leiter ist in diesen ersten Stufen verbaut.
Dann werden die Latschenfelder lichter und der Weg führt mehr und mehr an den steil abfallenden Hängen über freies Gelände nach oben. Früh erkennt man den Wegverlauf, der sich in einem weiten Bogen durch ein Kar zu einem weiteren Latschenhang unterhalb einer der Bergbahnstützen zieht.
Aus der Entfernung sieht das ganze noch unspektakulär aus. Je mehr man sich aber dem Kar nähert, desto steiler und ausgesetzter präsentieren sich die abfallenden Wände. Es sind zwar einige Haken in den Wänden eingeschlagen, Drahtseile zur Sicherung sind aber nur an den nötigsten Stellen angebracht. Es scheint als würden diese gerade erneuert oder vielleicht sogar zurückgebaut.
Wenn man mit der Höhe klar kommt und sich auch den Untergrund konzentriert, hat man mit diesem Weg keine Probleme. Der Fels an der Seite bietet guten Halt und gute Griffe.
Je höher man kommt, desto wichtiger wird das umsichtige Gehen, um Nachfolgende nicht zu gefährden. Auf dem Weg liegt allerlei loses Geröll das in den Kehren um die erwähnte Stütze der Bergbahn auf den darunterlegenden Aufstiegsweg fallen kann.
Im Bereich der Bergbahnstütze schlängelt sich der Weg in der Falllinie nach oben. Hier sind auch zahlreiche und gut sichtbare rot-weiß-rote Schilder in den Fels geschraubt, die die Orientierung in den teils unübersichtlichen Kehren erleichtern. Die Bergstation scheint schon in greifbarer Nähe. Bis der Ausstieg aus dem Karwendelsteig erreicht ist zieht es sich aber noch eine ganze Weile hin.
Noch einmal wird die Wand unterhalb der Westlichen Karwendelspitze gequert. Abermals mit wenig Sicherungen. Dann geht es wieder nach oben. Gerade bei schlechten Lichtverhältnissen sollte man vorausschauend gehen und den Weg im Blick behalten. Statt der Schilder sind hier nur noch zwischenzeitlich verblasste rote Markierungen an den Fels gepinselt.
Es wird mit zunehmender Höhe schottriger und schließich kommt der Aussichtsbalkon des Dammkartunnels, der das Dammkar mit der Bergstation verbindet, in Sicht. Unterhalb dieses Punktes wendet sich der Weg durch eine Schuttrinne nach rechts und steigt schließlich über grasiges Gelände, unterstützt durch ein paar Drahtseile, zum Ausstieg überhalb der Bergstation.
Schwindelfreiheit, Trittsicherheit und Erfahrung im alpinen Gelände sind auf dieser Tour sehr wichtig. Absturzgefahr ist definitiv vorhanden, daher ist die Bergtour in der SAC-Wanderskala ist die Tour mit mindestens T3 zu bewerten!
Aufstieg zur Westliche Karwendelspitze
Das Herzstück dieser Tour ist nun Geschichte. Auf einer Aussichtsbank nahe des Ausstiegs kann man den herrlichen Tiefblick auf Mittenwald nochmals in Ruhe genießen.
Hier oben begegnet man auch wieder mehr Menschen, die auf dem kompletten Karwendelsteig eher rar gesät sind. Wer noch ein wirkliches Gipfelziel mitnehmen möchte, der steigt ab dem Ausstiegspunkt in gut 20 Minuten hinauf zur Westlichen Karwendelspitze.
Zunächst auf dem für Flip-Flop-Touristen und Turnschuhträger breit ausgebautem Panoramaweg, dann links hinauf. Der erste Teil des Aufstiegs erfolgt noch auf einem etwas schmäleren Schotterpfad, bevor es unterhalb einer Felswand plattig nach oben geht.
Von nun an ist der gesamte Weg bis zum Gipfelkreuz mit Drahtseilen gesichert, was leider auch den ein oder anderen wenig erfahreneren Bergwanderer zur Besteigung animiert und zu einem Stau im Gipfelbereich führen kann.
Ab der Mittenwalder Hütte ist die Westliche Karwendelspitze mit 3 Stunden und 15 Minuten ausgeschildert. Bis zum Ausstieg des Steigs an der Bergstation habe ich ab der Hütte 1 Stunde und 40 Minuten benötigt, bin aber langsam und mit vielen Fotostops aufgestiegen.
Ich persönlich hätte an diesem Tag grundsätzlich auf den Aufstieg zum Gipfel verzichten können. Mit meinem Ausstieg aus dem Karwendelsteig begannen allmählich Nebelschwaden den Gipfel zu umgarnen, was den Blick ins Tal letztlich gänzlich versperrte. Somit konnte ich aber den Weg und den Untergrund zumindest begutachten.
Erlebnis Karwendelbahn
Zurück an der Bergstation habe ich mir auch den Dammkartunnel und das markante begehbare Fernrohr angesehen. In letzterem findet man allerlei Wissenswertes rund um das große Kar neben der Station und die darunter liegenden geologischen Formationen. Informationen zur Tierwelt und ein herrlicher Blick über den Karwendelsteig runden den Tag perfekt ab.
Karte zur Tour über den Karwendelsteig
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Interaktive Karte mit Höhenprofil
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Hallo Bergfreunde,
diese Tour habe ich im Sommer 1968 mit meiner Verlobten im ersten gemeinsamen Urlaub gemacht. Was soll ich sagen: eure Beschreibung ist wunderbar und ruft mir jeden Schritt wieder in Erinnerung. Noch heute bin ich stolz darauf, meine Verlobte in dieses Bergerlebnis führen zu können. Das hat in uns eine anhaltende Vorliebe für alpine Urlaube erzeugt und 8 Jahre später sogar eine Klettertour zum Oskar-Schuster-Steig im Langkofelmassiv bewirkt. Außer einer geringen Expertise, die ich als gerade von den Gebirgsjägern entlassener Rheinländer besaß und in Verhaltenstipps anwandte, hatten wir kaum etwas: Einfache Bergschuhe, Kniebundhosen und Kniestrümpfe, wie damals üblich, Wollpullover, Windjacken und einen Rucksack mit etwas Proviant sowie Geld für die Talfahrt. Es war alles ein bisschen arm, aber wunderbar. Es war kühl Mitte September und wolkenlos. Bis auf eine kurze Strecke in der Falllinie knapp unter der Bergstation, die um 11 Uhr noch im Schatten lag und mit einem Zuckerguss aus gefrorenem Schmelzwasser überzogen war, haben sich keine Probleme für uns fitte 21-Jährige ergeben. Auch zum Gipfel haben wir es noch geschafft, alle Strecken noch ohne Drahtseilsicherung. Ein freundlicher Trottel hat am Gipfel unsere Beine fotografiert (Paralaxe).
Unsere wenigen Fotos von damals sind schlecht: Billiger geliehener Apparat und noch billigerer ORWO-Film. Kein Geld, da mtl. nur 290 DM Stipendium. Kein Foto vorzeigbar, aber schöne Erinnerungen in meinem 76-jährigen Hirn!