Zuletzt aktualisiert am 8. Februar 2024
Mit einem Knirschen bohrt sich die Spitze des Eisgeräts in den blau leuchtenden Untergrund. Die schmalen Messer der Steigeisen schneiden sich in die gefrorene Wand. Während die Sonnenstrahlen die Umgebung zum Funkeln bringen, geht es Schritt für Schritt nach oben. Jeder weitere Tritt fühlt sich sicherer an. Jeder weitere Schlag ins Eis ist präziser. Vor gerade einmal vier Stunden haben wir unsere ersten Lektionen im Eisklettern gelernt. Jetzt steigen wir die steilen, blau und weiß leuchtenden Wände der Taschachschlucht nach oben. Ein unglaubliches Gefühl!
Die Taschachschlucht liegt ganz hinten im Pitztal. In unmittelbarer Nähe zum Gletscherexpress. Und doch ist so weit davon entfernt. Wenige Schritte abseits des Parkplatz hat Alfi Dworak eine Welt aus Eistürmen und -wänden erschaffen. Ein bizarrer Ort. Ein ruhiger Ort, wo oftmals nur das Schlagen der Eisgeräte zu hören ist, wenn die Eiskletterer in den steilen Wänden ihrem Ziel entgegen streben.

Heute wird diese bei Kletterern so geliebte Ruhe immer wieder unterbrochen. Unterbrochen von unseren kleinen Jubelschreien nach einer Wanddurchsteigung. Unterbrochen von unseren laut leuchtenden Gesichtern und dem breiten Grinsen über den Erfolg.
Kaum einer von uns hätte es vor ein paar Stunden für möglich gehalten, einmal hier oben zu stehen und in die Schlucht zu blicken. Zu steil, zu kalt, zu eisig, zu anspruchsvoll… all diese Punkte hat »Eismeister Alfi« widerlegt und uns Schritt für Schritt in die Welt des Eiskletterns eingeführt.
Transparenzhinweis: Die Recherche zu diesem Bericht entstand in Kooperation mit dem Tourismusverband Pitztal, der bis zu diesem Erlebnis eingeladen hatte.
Der Eiskönig vom Pitztal
Die Eiswelt in der Taschachschlucht wird vom Tourismusverband Pitztal betrieben und finanziert. Für die Vereisung, Wartung und die baulichen Maßnahmen ist aber Alfred Dworak. Alfi ist staatlich geprüfter Berg- u. Skiführer. Den gebürtigen Osttiroler hat es vor Jahren ins Pitztal gezogen.
Und da im Winter die Kletterei im Fels nicht möglich ist, hat er 2016 damit begonnen, die Wände der Taschachschlucht zu vereisen und eine perfekte Umgebung fürs Eisklettern zu geschaffen.
Dank des kurzen Zustiegs ist das Eisklettergebiet gerade in der Hauptsaison gut besucht. Gerade für Einsteiger sind die Bedingungen ideal. Ohnehin erfreut sich der Sport wachsender Beliebtheit.
Von der richtigen Sicherungstechnik über die Verwendung von Eisgeräten und Steigeisen, bis hin zur Eisbeschaffenheit geht es Schritt für Schritt weiter nach oben.
Die Eiswelt in der Taschachschlucht
Zu Beginn des Winters werden Schlauchleitungen verlegt und eine Wasserentnahmestelle im Bach der die Taschachschlucht durchfließt eingerichtet. Über elektrische Pumpen wird dann das Wasser, zusätzlich zu den ohnehin natürlich entstehenden Eisflächen, über die Wände herunter gelassen.
Seile dienen dabei als »Grundgerüst«. An ihnen und an den Wänden fließt das Wasser gut 20 Meter in die Schlucht und gefriert. So entsteht in vielen Arbeitsstunden und bei entsprechenden Temperaturen die Grundlage für das Eisklettern in der Taschachschlucht. Eine gute Portion Idealismus gehört dazu. Denn gerade zu Beginn der kalten Zeit müssen die Wände und die Pumpen immer wieder kontrolliert und die Schläuche wieder neu verlegt werden.
Je nach Art der Vereisung ändern sich die Gegebenheiten in der Schlucht von Jahr zu Jahr. Oftmals auch innerhalb einer Saison. Das macht das Eisklettern auch so faszinierend und abwechslungsreich.
In der Eiswelt Taschachtalschlucht schafft Alfi Dworak jedes Jahr aufs Neue durch handgemachte Vereisung einen variantenreichen Sportklettergarten, wo man auch Toprope sicher klettern kann.
Eisklettern in der Taschachschlucht für Einsteiger
Nach dem wir unsere Steigeisen auf die Schuhe angepasst haben, gehen wir vom Parkplatz ein paar Minuten hinein in die Schlucht.
Während die Wände immer näher rücken und die Schlucht schmäler und schmäler wird, üben wir den breitbeinigen Gang, um nicht an den Hosenbeinen zu verhakeln. Der erste Schritt zum Eiskletter-Profi.
Dann zeigt uns Alfi unser erstes Übungsgebiet. Wir richten unser Materialdepot ein und werfen einen ehrfürchtigen Blick auf die Eiswände, die in den strahlend blauen Tiroler Himmel wachsen.
Dazu zählen unter anderem Eisgeräte, Steigeisen, gegebenenfalls die passenden Schuhe, Helm und Gurt.
Gut angezogen bist Du nach dem Zwiebelprinzip. Das heißt: warmes T-Shirt (z.B. Skiunterwäsche), Sweatshirt, dünne Daunenjacke, Gore-Tex-Jacke oder Ski-Jacke, Schal oder Buff, dünne Mütze für unter dem Helm, Sonnenbrille, dünne Handschuhe zum Klettern warme Handschuhe zum Sichern.
Fürs Klettern bieten sich Langlaufhandschuhe oder einfach nur gummierte Gärtnerhandschuhe an.
Untenrum komplettieren eine lange, warme Unterhose, eine Gore-Tex-Hose oder Skihose das Outfit. Die Hose am Besten mit eng anliegenden Bündchen. Das Erleichtert das Gehen und Klettern mit den scharfkantigen Steigeisen. Außerdem solltest Du in Deinem Rucksack die Sonnencreme, eine Brotzeit und warmen Tee dabei haben.
Dann beginnt die Theorie. Mit welcher Bewegung schwinge ich den Pickel? Wie setze ich die Steigeisen richtig in das Eis? Wieviel Druck braucht es? Wieviel Kraft? Wie bewege ich mich auf dem so ungewohnten Untergrund? Wo sollte der Schwerpunkt sein?
Wir üben zwar kaum einen Meter oberhalb des Bodens, aber dennoch setzen wir unsere ersten Schritte mit Bedacht und in einem durchaus angespannten Zustand. Doch der zweite, dritte Durchlauf klappt schon besser.
Es ist faszinierend, wie wenig die Eisgeräte und die Steigeisen in das Eis eindringen müssen, um doch so sicher zu halten.
Das Vertrauen in den Untergrund, das Equipment und in das eigene Können wächst von Versuch zu Versuch, bevor es schließlich an die ersten kleineren Wände geht.
Alfi wird am heutigen Tag durch seinen Sohn Louis, einem versierten Wettkampfkletterer, unterstützt. Als Louis die ersten Sicherungsseile eingehängt hat, sah die Wand noch relativ flach aus. Und auch als Alfi uns die weiteren Fortbewegungstechniken erklärt, sieht es aus, als würde er über einen zugefrorenen See spazieren. „Einfach gehen wie ein Mensch“, meint er, als er geschickt über die Eisfläche wandelt.
Einmal den Boden verlassen, stellt sich diese vermeintlich einfach aussehende Wand steiler und steiler. Noch kein Überhang, vielleicht auch nicht wirklich senkrecht, aber definitiv nah dran. Und unweigerlich fällt mir auf, dass mein aktueller Gang mehr denen unserer Ur-ur-ur-Ahnen ähnelt, denn einem Homo Sapiens.
Doch im Grunde spielt mir nur der Kopf einen Streich. Zumindest in Sachen Steilheit. Die visuelle Ausprägung meiner ersten Versuche lasse ich mal außen vor.
Dank Toprope-Sicherung und den präzisen Tipps von Alfi meistern wir alle diese ersten Herausforderungen. Und so perforieren wir mit unseren noch nicht ganz so geschulten Schlägen das Eis an den vier Routen, die uns Vater und Sohn in die Wand gehängt haben. Und dabei haben wir mächtig Spaß!
Obwohl wir nun schon ein paar Stunden in der Schlucht verbracht haben, ist mir nicht wirklich kalt. Weder am Körper, noch an den Händen. Beim Klettern wird einem ohnehin warm. Aber selbst beim Sichern, das wir natürlich selbst übernehmen, stellt sich bei mir nicht das erwartete Kältegefühl ein.
Nachdem wir uns ausgiebig an den »Übungswänden« versucht haben, gehen wir ein Stück tiefer in die Schlucht. Zu den hohen Wänden, die mit der immer höher stehenden Sonne weiß und blau zu strahlen beginnen. Eiswände, die für uns noch ein paar Stunden zuvor unerreichbar hoch erschienen.
Der Respekt ist nach wie vor gegeben. Und dennoch ist das Vertrauen in das Erlernte inzwischen so groß, dass wir alle den Einstieg in diese Türme aus Eis wagen. Das Schöne am Eisklettern ist, dass Du nicht zwingend Vorkenntnisse im Felsklettern haben musst.
Mit voller Konzentration geht es senkrecht nach oben. Schritt für Schritt höher. Schlag für Schlag sicherer. Bis wir schließlich ganz oben stehen.
Und dass wir oben angekommen sind hört man auch. Der kleine Jubelschrei, das innerliche Glücksgefühl und das breite, laute Grinsen, das mit der Sonne um die Wette strahlt und noch bis spät in den Nachmittag hinein zu hören ist.
Auf das jeweilige Leistungsniveau abgestimmt, wählen die Profis der Bergführervereinigung Pitztal den passenden Wasserfall, vermitteln Theorie, führen in Sicherungs- und Bewegungstechniken ein.
Der Tag kostet 120 Euro pro Person*: www.pitztaler-bergfuehrer.at
Meine Empfehlung: bei Alfi Dworak kannst Du das Eisklettern in der Taschachschlucht und im Pitztal erleben. Individuell auf Dich abgestimmt, perfekt organisiert und erklärt: www.alpine-adventure.at
*Stand Februar 2023
Im Ahrntal gibt es zahlreiche Möglichkeiten an den eisigen Wänden nach oben zu steigen.
Hach, das war einfach eine ultra krasse Erfahrung, meine Augen glänzen glaub ich immer noch, wenn ich dran denke 😀 Würde ich einfach echt jedem empfehlen und Alfi ist einfach sowieso der wüdeste Zechn und hat’s uns super beigebracht.
Super Artikel ist das geworden!
LG Sabrina
Oh ja! War wirklich eine einmalige Erfahrung (und perfekte Rahmenbedingungen 😉 )