Zuletzt aktualisiert am 6. April 2024
Bei Schuhen, gerade bei Wanderschuhen, bin ich immer sehr skeptisch was Neues anbelangt. Ich hänge lange, oft zu lange, an meinen bewährten Schuhen fest. Und weil das Festhalten an altem keine neuen Erfahrungen bringen kann, habe ich mir für die Herbstsaison einmal die Wanderschuhe von Keen angezogen.
Keen kannte ich bis dato von diversen Outdoormessen. Da ich mehr in alpinen und hat hochalpinen Gefilden unterwegs bin, waren für mich Wanderschuhe wenig interessant. Für meine Herbsttouren auf Kreta und in Südtirol schienen die Schuhe allerdings prädisteniert. Leichter und von der Sohle her flexibler sorgen sie natürlich ein freieres Gehen.
Zum Test kamen zwei unterschiedliche Paare. Eines für Herren (der Targhee III MID WP) und ein Damenwanderschuh (der Terradora MID WP). Hauptaugenmerk galt im wesentlichen drei Punkten: Bequemlichkeit und Seitenhalt, Sohlenbeschaffenheit und Dichtigkeit. Selbstverständlich habe ich mir auch die Optik und die Verarbeitung angesehen. Bei einem Test über einen relativ begrenzten Zeitraum fällt ein Fazit hier natürlich etwas schwer.
Hinweis: Gemäß dem Outdoor-Blogger-Codex weise ich in jedem meiner Artikel darauf hin, falls ein Test finanziell unterstützt wurde. So auch in diesem Fall. Die Schuhe wurden mir zu Testzwecken unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Die Unterstützung hat keinerlei Auswirkung auf das Ergebnis und die redaktionelle Unabhängigkeit meines Beitrags. Dieser Blogbeitrag enthält außerdem Affiliate-Links. Das bedeutet, dass ich beim Aufruf dieser Links und einem anschließenden Kauf eine kleine Provision erhalte. Für Dich entstehen dabei keine Kosten.
Wie sieht es mit der Optik & Verarbeitung der Keen Wanderschuhe aus?
Der Herren-Wanderschuh von Keen kommt mit seinen Lederaplikationen, gepaart mit Kunstoffeinsätzen und Stoff sehr robust daher. Die getestete Variante in klassischem braun unterstützt diesen Eindruck.
Dahingegen wirkt der Damenschuh filigraner und aufgrund der Farbgebung auch modischer. Die Oberfläche besteht hauptsächlich aus Stoff. Im Sohlenübergang mit einer umlaufenden „Kunststoffhaut“(KEEN.DRY™-Membran) für zusätzlichen Schutz gegen Nässe und Abrieb ausgestattet. Im Vergleich zum Herrenschuh ist das getestete Modell auch durchaus als Freizeitschuh alltagstauglich.
Doppelte Nähte beim Herrenschuh, saubere Verklebungen und breite Schlaufen für die Schnürung. Schön eingesäumte Stoffränder und Metallösen bei Damenschuh. Dazu sauber verklebte Kunstoff- bzw. Gummieinsätze. Der erste Blick zweigt: beide Modelle wirken qualitativ gut verarbeitet. Da es sich hier nicht um einen Langzeittest handelt, müssen sich diese Qualitätsmerkmale allerdings im Lauf der Zeit beweisen.
Wie bequem sind die Keen Wanderschuhe und wie ist der Seitenhalt?
Vom Damen-Wanderschuh war meine Freundin von Beginn an in Sachen Bequemlichkeit überzeugt. Auch der Herrenschuh bestätigte beim ersten anprobieren diesen Eindruck. Übereinstimmend haben wir beide nach kurzer Tragedauer die Notwendigkeit einer gewisse Engewöhnung hinsichtlich des Fußbetts festgestellt.
Beide Schuhe haben im mittleren Fuß-Bereich einen stabilen, festen Sitz, wohingegen der vordere Bereich einen guten Spielraum für die Zehen lässt. Sehr angenehm. Das geht ein klein wenig zu Lasten des sonst festen Sitzes. Hier befinde ich den Kompromiss zwischen Bequemlichkeit und Halt für durchaus gelungen. Wobei ich zugeben muss, dass ich hier stark beim Vergleich zu deutlich festeren Berg- und Klettersteigschuhen gefangen bin. Die Form des Fußbetts sorgte bei den ersten Touren für ein leichtes Druckgefühl an der Fußaußenseite, das nach etwa 20 Minuten wieder nachlässt und bei wiederholtem Tragen gänzlich verschwindet. Unter anderem hängt das mit einer Unterstützung des Fußbetts an den Außenseiten zusammen. Hier ist das Bett leicht erhöht.
Der Hersteller beschreibt das Fußbett mit „Arch Support“ bzw. „Arch Contour“ und „Anatomical Footbed„. Was soviel heißt wie orthopädische Einlage gegen Senkfüße. Neben einem guten Sitz beugt das aus meiner Sicht auch Kippbewegungen nach außen vor und minimiert somit die Gefahr von Überdehnungen der Außenbänder. Ein Faktor für den gerade ich ansonsten sehr anfällig bin. Der Seitenhalt wird durch den knöchelhohen Schaft zusätzlich unterstützt.
Die Schnürung ist bei beiden Modellen unterschiedlich. Während beim Herrenmodell Lederschlaufen und nur ein Haken am Schaft für den richtigen Sitz sorgen, sind es beim Damenschuh, wie auf den Bildern zu erkennen, hauptsächlich Ösen und zwei Haken am Schaft. Was beide gemeinsam haben: ein Band am Ende des Rist, das über die Schnürung gespannt wird. Es führt an der Außenseite des Schuhs zum Ballen und dann zur Ferse. Damit wird der Halt des hinteren Fußteils unterstützt.
Bietet die Sohle ausreichend Grip?
Im Vergleich zu meinen bisherigen Bergschuhen verfügen die Keen Wanderschuhe nicht über eine Vibram® Sohle. Keen hat seine eigene Sohle entwickelt. Zunächst war ich skeptisch. Die Sohle kann in Sachen Grip auf normalem Wanderterrain aber durchaus punkten.
Sowohl auf sandigem, schottrigem, wie auch auf feuchtem und trockenem Waldboden war der Grip bei beiden getesteten Varianten absolut perfekt. In Verbindung mit dem bereits angesprochenen Fußbett und der Dämpfung ließen sich sämtliche Trails dazu noch bequem bewältigen. Bis auf die Eingewöhnungsphase traten auch bei Wanderungen jenseits der vier Stunden keinerlei Ermüdungserscheinungen zu Tage.
Auch auf felsigen bergauf Passagen blieb die Sohle immer da, wo sie sein sollte. Das ausgeprägte Stollenprofil verrichtete hier ganze Arbeit. Einzig bergab verlor die Keen-Sohle dann und wann den gewohnten Halt. Bei dieser Wahrnehmung waren die Felsen in einem Canyon auf Kreta zwar deutlich abgewaschen, aber im Vergleich zu bergauf trat hier in jedem Fall eine Schwankung zu Tage. In der seitlichen Bewegung, schräg am Fels entlang, war der Grip wiederum 1a. Das Terrain hatte aber hier eher alpinen, als normalen Wander-Charakter. Wobei die Grenzsituationen einfach auch den optimalen Einsatzbereich eines Schuhs im Verlauf eines Tests zeigen.
Wie steht es mit der Dichtigkeit bei Keen?
Keen.Dry™ Waterproof nennt Keen seine wasserdichte Membran. Diese schützt einerseits vor dem Eindringen von Feuchtigkeit, lässt andererseits auch eine Belüftung des Schuhs zu. Das Wetter auf Kreta wie auch in Südtirol war einer zu perfekt um die Dichtigkeit auf feuchtem Terrain über längere Zeit zu testen. Allerdings hat sich beim durchqueren kleiner Bäche das „Guaranteed Waterproof“ des Herstellers zumindest bestätigt.
Was mir zudem gut gefallen hat: die Belüftung des Schuhs war top. Auch bei wirklich heißem Wetter war das Schwitzen im Schuh nicht sonderlich ausgeprägt. Somit kann der Keen auch in Sachen Fußklima auf längeren Touren punkten.
Die Herstellerfakten
Targheee III MID WP (Herren-Wanderschuh)
Eigenschaften
- Wasserdichte, atmungsaktive KEEN.DRY Membran
- Strapazierfähiger Leder-Schlammschutz
- Schnürsystem für einfache Anpassung der Schnürsenkel
- Eingespritze TPU-Fersenkappe für mehr Stabilität
- Leichte ESS Platte bietet Unterstützung
- Elastische, innere Platte
- 4mm Flexionskerben in der Sohle für verbesserte Traktion
- Cleansport NXT™ für natürliche Geruchskontrolle
- Umweltfreundliches Premium-Leder aus LWG-zertifizierter Gerberei
Verarbeitete Materialien
- Obermaterial aus wasserdichtem Leder und leistungsstarkem Mesh
- KEEN All-Terrain-Gummi-Außensohle für hohe Traktion
- Dual density Formgepresste EVA-Zwischensohle
- Atmungsaktives Mesh-Futter
- Herausnehmbares metatomisches Dual-Density-EVA-Fußbett
Gewicht
- 489.9 g
Technologien
- KEEN.DRY™ – firmeneigene wasserdichte, atmungsaktive Membran
- METATOMICAL FOOTBED DESIGN – das Fußbett des Schuhs ist anatomisch geformt, unterstützt perfekt das Fußgewölbe und passt sich den natürlichen Konturen des Fußes an.
Terradora MID WP (Damen-Wanderschuh)
Eigenschaften
- Cleansport NXT™ für natürliche Geruchskontrolle
- 4 mm Flexionskerben in der Sohle
- Gepolsteter Einsatz vermindert den Druck auf die Achillessehne
- KEEN.Dry Wasserdichte, atmungsaktive Membrane
- Passform speziell für Frauen
- ESS Stabilitätsplatte für Unterstützung
Verarbeitete Materialien
- Obermaterial aus leichtem, atmungsaktivem Mesh- und Synthetikgewebe
- Abriebfeste Gummi-Außensohle für hohe Traktion
- EVA-Zwischensohle mit geringer Dichte ist auf den Fuß einer Frau abgestimmt
- Atmungsaktives Mesh-Futter
- Dual-Density-Fußbett aus PU-Schaum mit Fußgewölbeunterstützung
Gewicht
- 362.9 g
Technologien
- KEEN.DRY™ – firmeneigene wasserdichte, atmungsaktive Membran
Fazit
Der Sitz und die Bequemlichkeit der Testschuhe ließen nicht zu wünschen übrig, von der kurzen beschriebenen Eingewöhnungsphase abgesehen. Das Fußbett unterstützt den Seitenhalt und die Sicherheit im Gelände aus meiner Sicht optimal.
In seinem angestammten Einsatzbereich, auf Hikes und Wanderungen, bietet der Keen Wanderschuh optimalen Grip und ist auch auf längeren Touren, mit und ohne Feuchtigkeit von außen, ein treuer Begleiter.
In Sachen Preis-Leistung bewegen sich beide Modelle auf einem sehr guten Niveau. Mit einem aktuellen Verkaufspreis von 139,95€ (Herstellerseite) bekommt man viel für sein Geld, wie ich finde.
Kurzum: ein toller Schuh und eine echte Alternative zu meinen bisherigen Bergschuhen wenn es um Wanderaktivitäten geht. Ich freue mich schon auf die bevorstehende Moselsteig-Wanderung, zu der ich von Rheinland-Pfalz-Tourismus eingeladen wurde. Auf diese Tour wird mich auch mein neuer Keen Wanderschuh begleiten.
Moin.
Die guten Testergebnisse kann ich nicht nachvollziehen. Zwar ist die Passform des Schuhs gut, die Qualität lässt aber zu wünschen übrig.
Daß die Schnürsenkel nach kurzer Zeit hinüber waren, ist bei Schuhen eigentlich schon normal. Dort lässt sich anscheinend mit minderwertiger Qualität am leichtesten Geld sparen. Allerdings ist die Sohle nicht sonderlich haltbar uns lässt auch im Grip sehr zu wünschen übrig. Nach nur einer Herbstsaison 2019 (im Sommer habe ich den Schuh nicht getragen) stellte ich im Herbst 2020 fest, daß bei beiden Schuhen das Obermaterial beim Übergang zur Sohle rund um den Vorfuß irreparabel eingerissen war. Wegen der Pandemie-Schließungen konnte ich den Schuh beim Händler nicht reklamieren. Als ich das nach der erneuten Öffnung (und ohne den Schuh im Winter aus verständlichen Gründen zu tragen) konnte, wurde eine Garantieleistung wegen der verstrichenen Frist von Keen abgelehnt.
Schuhe dieser Marke werde ich in Zukunft nicht mehr kaufen und rate auch jedem davon ab.
Hallo Walter, das tut mir leid, dass Du so schlechte Erfahrung gemacht hast. Aber Danke, dass Du sie mit uns teilst!
Im Wanderbereich haben wir die Schuhe, die wir damals zum Test hatte, sogar jetzt noch im Einsatz. Wenngleich ich sie nicht im alpinen Bereich verwende. Darauf ist Keen aus meiner Sicht auch nicht ausgerichtet. Wie schon öfter berichtet habe ich für technisches Gelände zudem eine klare Vorliebe in Punkto Sohlen. Aber wir hatten nach diesen Modellen auch noch andere ausprobiert – vorzugsweise im Wanderbereich – und können da wirklich nicht von solchen Erfahrungen wie die Deinigen berichten.
Lustigerweise sind mir persönlich sogar die Schnürsenkel aufgefallen. Die halten aus meiner Sicht sogar besser, als vergleichbare Modelle. Wenngleich das Ausfransen mit der Zeit einfach kommt. Welches Modell hattest Du denn im Einsatz?
Viele Grüße, Björn
Hallo!
Ich hatte schon mindestens 5 Paar Schuhe von Keen,
weil es keinen anderen Hersteller gibt, dessen Schuhe mir so gut passen.
Für meine Füße sind sie perfekt!
Leider muss ich sagen, dass alle bisher gekauften Modelle nach spätestens 2 Jahren an verschiedensten Stellen kaputt gehen.
Keen macht wirklich sehr bequeme und auch optisch ansprechende Schuhe, aber die haltbarkeit ist leider im Verhältnis zum Preis mehr als schlecht.
Sehr schade!
Hallo Christoph!
Danke für Dein Feedback.
Immer schön, wenn man Sachen findet, die einfach zu einem passen. Meine Schuhe sind auch meist nach zwei Jahren „durch“. Aber das hängt natürlich immer sehr stark mit der Intensität der Verwendung ab. Ich bin (wie man lesen kann) ja relativ viel unterwegs. Im alpinen Bereich halten meine Schuhe oft nur eine Saison. Danach heißt es mindestens „neu besohlen“.
Leichtere Wanderungen sind in meinem Magazin ja eher in der Unterzahl. Da halten die Schuhe dann schon einmal zwei Jahre. Aber wie gesagt: die Häufigkeit der Verwendung ist da bei mir eher ausschlaggebend – und natürlich auch der Untergrund.
Viele Grüße
Björn von Bergparadiese