Grosse Hitze, apere Gletscher – die Hochtourensaison wird nicht einfach – und kein Ende in Sicht

Der Klimawandel hat Berge, Gletscher und somit Hochtouren im Griff. Die aktuell sehr warmen Temperaturen sorgen für apere Gletscher. Die Tatsache dass der Winter 2021/22 nur geringe Niederschlagsmengen gebracht hat, verschärft die Situation schwindender Gletschermassen zusätzlich.

Hohe Temperaturen und der geringe Niederschlag des vergangenen Winters setzen den Gletschern zu
Hohe Temperaturen und der geringe Niederschlag des vergangenen Winters setzen den Gletschern zu

Wir waren erst in den vergangenen Tagen auf Hochtour im Ötztal. Nahezu überall Blankeis. Bächeweise sind uns die die »stolzen, weißen Riesen« entgegen geflossen. Zwar lassen sich Spalten sehr gut erkennen, aber eventuell noch vorhandene Schneebrücken haben bei weitem nicht mehr die notwendige Tragkraft wie zur selben Zeit in vergangenen Jahren.

Der sich zurückziehende Permafrost unterstützt in steileren Lagen Felsabbrüche. Teilweise sind Übergänge von und zu den Gletscherbereichen nur unter schwierigen, teils gefährlichen Bedingungen zu begehen. Dort wo man vor einigen Jahren noch ebenerdig vom Fels auf den Gletscher gehen konnte, müssen heute zusätzliche Auf- oder Abstiege eingeplant werden.

Die geringen Schneefälle im Winter und der starke Gletscherrückgang durch warme Tempereaturen machen die Übergänge auf Gletscher gefährlich
Die geringen Schneefälle im Winter und der starke Gletscherrückgang durch warme Temperaturen machen die Übergänge auf Gletscher gefährlich

All das hat das Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS) dazu veranlasst, bereits im früher als sonst auf die Hochtourenthematik der Bergsaison einzugehen.

Der Klimawandel birgt massive Probleme für den Bergsport

Dass der Klimawandel insgesamt ein Problem für das Leben auf unserem Planeten mit sich bringt, ist hinlänglich bekannt. So lassen sich natüröich auch im Detailbereich des Bergsports die zahlreichen Probleme benennen.

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) bestätigt, dass Schneebrücken auf Gletschern in dieser Saison nur schwach oder gar nicht vorhanden sind, was einer erhöhten Spaltensturzgefahr führt. Ein temporäres Problem des aktuellen Hitzesommers, oder ein Trend?

Die Gletscher des Alpenraums sind teilweise jetzt schon aper. Das schneefreie Blockgelände birgt ein zusätzliches Unfallpotential. Durch die nicht mehr vorhandene Schneeauflagen, die normalerweise für einen verzögerten Ablauf sorgen, haben Gletscherbäche bereits im Frühsommer ein Abflussverhalten wie im Hochsommer!

Blick vom Wütenkarferner zurück zum Abstieg vom Sattel
Blick vom Wütenkarferner zurück zum Abstieg und Übergang vom Sulztalferner

Ein alarmierendes Signal in Sachen Klimawandel, wenn dieser Trend weiter anhält. Aber auch ein alarmierendes Signal für den Bergsport der Zukunft! Höhere Steinschlaggefahr durch schwindenden Permafrost. Sich verändernde, abrutschende Wege. Zunehmend schwierige Übergänge in Gletscherrandbereichen. Aber auch ein massives Probleme in Sachen Wasserversorgung von Schutzhütten. Von möglichen Problemen bei deren Erreichbarkeit ganz zu schweigen.

Das ÖAKS mahnt zur Vorsicht und einer gute Tourenvorbereitung!

Vorsicht bei der Planung von Hochtouren*

Was sind mögliche Gründe für Unfälle im Abstieg oder Aufstieg auf einer kombinierten Tour/Hochtour? Wie kann man präventiv handeln? Dieser Frage ist das ÖAKS nachgegangen und benennt in seiner aktuellen Veröffentlichung zu den Unfallzahlen Im Hochgebirge (Erfassungszeitraum 01.11.2020 bis 31.10.2021) eine ganze Reihe an möglichen Unfallgründen. Es gibt aber auch Tipps, wie man sich gut vorbereitet und das Risiko bei Hochtouren senken kann.

Mögliche Gründe für Unfälle auf Hochtouren
  • Mangelnde oder nachlassende Konzentration, Unachtsamkeit, allgemeine Unwissenheit
  • Ermüdung der Muskulatur (Energieeinbruch)
  • Einfädeln oder Verhaken der Steigeisen in losen Bändern, Hosenbeinen
  • Dehydrierung mit zunehmender Länge der Tour zu: Schwindel, Kopfweh, Unwohlsein, Wanken. Dadurch nimmt auch die Konzentration nimmt
  • Personen sind nicht trittsicher oder schwindelfrei, speziell in komplexem Gelände wie Grat- oder Schrofengelände
  • Unsicherheit bei Begehung von vereistem oder schneebedecktem Felsgelände
  • Seilfrei unterwegs
  • Frisch ausgeapertes Gletschervorfeld, daraus resultierender schuttbedeckter Gletscherschliff
  • Strahlenschutz (Haut & Augen)
  • Keine aktuellen Informationen/alte Kartengrundlage bei der Planung, Unwissen über Gletscherstände, Übergänge, etc.
  • Intensive Niederschlagsereignisse und daraus resultierende Gefahr im Abflussbereichen aufgrund von wenig Schnee (fehlende Pufferwirkung)

Wie kann man präventiv gegen Unfälle auf Hochtouren vorbeugen?
  • Angebote für Aus- und Fortbildung nuutzen
  • Überlegung/Strategie zur richtigen Seilhandhabung
  • Üben und Festigen der Kenntnisse mit Steigeisen (und diese auch mitnehmen)
  • Rettungstechniken sowie Verhalten im Notfall üben (Spaltenbergung, Rutschversuche im Schnee – am besten durch professionelles Coaching)
  • Gezielte Vorbereitung vorab (Kraft- und Ausdauertraining)
  • Akklimatisierung (Vorbereitungstour, genügend Zeit nehmen)
  • Optimale Trinkwasserversorgung im Vorfeld und auf Tour
  • Die Wahl von zuverlässigen Informationsquellen über Verhältnisse und Wetter bei Wetterdiensten (z.B. Niederschlagsradar)
  • Kompetente Begleitung bzw. Inanspruchnahme einer professionellen Führung
  • Wahl eines früheren Zeitpunkts für Hochtouren, z.B. Juni/Juli, da diese Monate in der Regel noch schneereicher sind und es (normalerweise) weniger ausgeapertes Felsgelände gibt

Sicher auf Tour

Richtig geschult und mit den richtigen Partnern lassen sich Risiken auf Touren definitiv minimieren.

Sowohl die alpinen Vereine wie auch diverse Bersgportspezialisten und -ausstatter bieten Schulungen an. So hat zum Beispiel Ortovox zusammen mit dem Verband Deutscher Berg-und Skiführer (VDBS) eine digitale Ausbildungsplattform zum Thema »Sicheres Hochtourengehen« entwickelt: die Safety Academy Lab Ice.

Die Bergführer des VDBS bieten darüber hinaus Einsteigern, aber auch Fortgeschrittenen nicht nur Trainings an, sondern auch geführte Touren im Hochgebirge.

Quelle: Pressemitteilung des Österreichische Kuratorium für Alpine Sicherheit (ÖKAS)

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