Zoff im „Bike-Paradies-Allgäu“?

Zuletzt aktualisiert am 9. August 2023

Konflikte, Potentiale, Herausforderungen und Chancen zugleich.

Das Allgäu ist in vieler Hinsicht ein perfektes Gebiet für Genuß- Rennradler und Mountainbiker. Auch der Tourismus hat immer mehr Interesse an der Vermarktung der Region an die Zielgruppe Radfahrer. Aber: Einerseits konnte man im vergangenen Jahr immer wieder von Sperrungen bestimmter Wege lesen. Andererseits werden mit EU-Geldern „Autobahnen“ auf die abgelegensten Hochtäler und Berge gebaut, was jegliches „im Einklang mit der Natur“ vergessen lässt. Schon vor drei Jahren hab ich das am Beispiel der Rotspitz und dem leider verschwundenen Bergpfad auf den Häbles Gund angemahnt. Diese Strecken sind, trotz ihrer Breite, oft ebenfalls für Biker gesperrt.

Unterschiedliche Gemengelage

Aufgrund der verschiedensten Interessenlagen von Grundbesitzer, Älpler, Jäger und Förster, Wanderer und eben Biker sind Konflikte nicht selten an der Tagesordnung.  Jüngst wurde in Sonthofen eine Interessengemeinschaft von Mountainbikern ins Leben gerufen, die „mit einer Stimme“ am gemeinsamen Tisch aller Interessengruppen Platz nehmen soll und Lösungen finden will. Ein erster Schritt auf einem langen Weg.

Biketouren - Bergtouren im Allgäu
Biketouren – Bergtouren im Allgäu

Grundsätzlich geht es einmal um das Verständnis füreinander und für die Bedürfnisse des jeweils Anderen. Die „Gegner“ sollten nicht alle Biker über einen Kamm scheren. Andererseits sollten sich die ein oder anderen Biker auch über seine eigene Fahrweise Gedanken machen. Einen guten Ansatz für die Bildung eines gemeinsamen Verständnisses haben die BikeHotels Südtirol mit Ihrer Sensibilisierungskampagne „Ride Fair“ entwickelt.

Die „Ride Fair“-Kampagne der BikeHotels Südtirol

Dabei geht es um die gegenseitige Rücksichtnahme zwischen Mountainbikern und Wanderern. In ihren Verhaltensregeln haben die BikeHotels 5 Punkte manifestiert, die auch bei uns teils Auslöser der Konflikte sind:

  1. Respektiere andere Wegenutzer
  2. Folge dem Wegverlauf und kürze nicht ab 
  3. Nimm Deinen Müll wieder mit
  4. Fahre auf Sicht und blockiere nicht das Hinterrad
  5. Mach Weidegatter hinter Dir zu 

Hier gibt es weitere Infos zur „Ride Fair“-Kampagne.

Natürlich lösen diese 5 Punkte nicht auf Anhieb alle Probleme oder beseitigen die Vorurteile. Ich finde aber: ein erster guter Schritt. Ich selbst bin kein Downhiller. Ich befahre größtenteils breite Wege und hab es bergab auch nicht so mit der Geschwindigkeit. Ich kenne aber einige wirklich gute Fahrer und bin auch auf Naturtrails immer wieder über die technischen Fertigkeiten entgegenkommender Biker begeistert, wenngleich ich diese Wege auf die Gipfel zu Fuß erklimme. Der größte Teil derer die da runter kommen fahren aber ordentlich und nehmen auch Rücksicht.

Carbon-Hardtail gegen eBike

MTB-Tour auf die Marzoner Alm
Beschilderung in Südtirol

Der Tourismus wird auch neue Wege finden müssen. Ein „Aufkleber“ oder eine „Tourenbüchle“ alleine wird nicht genügen, sich gegen andere Regionen zu positionieren. Da geht es um die Beschilderung genauso wie um eine Lösung hinsichtlich der zahlreichen Gatter. Nachdem immer mehr eBikes auf die Strassen und Wege kommen, wird das über kurz oder lang, speziell für die ältere Generation, ein Problem darstellen. Ein 9-Kilo-Carbon-Hardtail hebt sich halt leichter über den Zaun.

Da geht es aber auch um neue Strecken, die speziell für Downhiller angelegt und ausgewiesen werden. Das erfordert das Gespräch und die Diskussion aller Beteiligten. Von den Grundbesitzern über die Politik bis hin zu den Biker selbst. Es gilt auch die Haftungsfragen zu klären.

Kanalisieren birgt Chancen

Ein langer Weg. Aber für eine Tourismus-Region wie das Allgäu ein unumgänglicher Prozess angesichts des Ganzjahresangebots und der immer kürzer werdenden Winter. Klug angegangen ist das auch ein Schritt zu einem naturnahen Tourismus, der nicht zwingend neue Großbauprojekte am Rande von Schutzgebieten benötigt. Wenn man Dinge aktiv angeht und kanalisiert, dann lösen sich viele Probleme von selbst. Solange an aber mit Verboten und Klagen um die Ecke kommt, werden sich offene und faire Gespräche noch weit nach hinten schieben.

Kleiner Tipp zum Schluss: einfach mal in ein freundliches Gespräch einsteigen. Ob als Wanderer mit einem Mountainbiker in der Natur oder eben am „Runden Tisch“. Im gemeinsamen Gespräch können alle nur gewinnen.

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