Zuletzt aktualisiert am 20. September 2023
Stell Dir vor, Du bist auf einem Gletscher unterwegs und fällst in eine Gletscherspalte. Wie kannst Du Dich selbst retten? Wie funktioniert das innerhalb der Seilschaft und einer losen Rolle?
Hochtouren gehören zu den anspruchsvollsten Bergsportarten. Neben der richtigen Ausrüstung sind vorwiegend Kenntnisse im Hochtourengehen auf Gletschern elementar! Dabei kommt einer eventuell notwendigen Rettungs-Aktion eine besondere Bedeutung zu. Die Rettung von Verunfallten ist sehr aufwendig. Sie erfordert nicht nur Grundkenntnisse, sondern regelmäßiges Training!
Wir waren mit dem Ortovox Savety Academy Lab Ice auf Tour und haben uns das einmal genauer angesehen.
Das liest Du in diesem Beitrag
- Die richtige Sicherheitsausrüstung
- Theorie und Praxis der Spaltenrettung
- Video-Tutorials zur Rettung aus der Gletscherspalte
Auf den Gletscher, fertig, los!
Bei normalen Wandertouren und auch bei den meisten Bergtouren genügt eine vermeintlich einfache Vorbereitung, was Ausrüstung, Wetter, Situation vor Ort und Besonderheiten auf der Tour betrifft. Bei Hochtouren und Gletscher-Ãœberschreitungen müssen einige Dinge mehr beachtet werden. Unter anderem kommt der Ausrüstung ein besonderes Augenmerk zugute. Nicht nur die Bekleidung muss angemessen sein. Schließlich befindet man sich auf eisigem Terrain. Auch die Touren- und Sicherheitsausrüstung ist umfangreicher als bei „normalen“ Wanderungen und Bergtouren.
Für unsere 2-Tages-Tour mit Hüttenübernachtung hatte ich immerhin 12,5 Kilogramm auf dem Rücken. Warme Bekleidung, Wechselwäsche, Schlafsack, Erste-Hilfe-Set, Biwak-Sack und, und, und… Aufgrund der besonderen Umstände im Frühsommer galt auf den Hütten Schlafsackpflicht. Also noch ein wenig mehr Gewicht im Vergleich zu einem einfachen Hüttenschlafsack.
Die Tatsche, dass wir auf der Safety Academy kein eigenes Seil mitbringen mussten, erleichterte den Rucksack dann wiederum ein wenig. Auf eigenen Touren muss dieser Faktor aber auf jeden Fall zusätzlich berücksichtigt werden!
Unsere Sicherheitsausrüstung für den Gletscher
- Seil (1 je Seilschaft)
- Kletterhelm
- Eispickel für Hochtouren
- Steigeisen sowie (bedingt) steigeisenfeste Bergschuhe
- Hochtouren- oder Hüftgurt
- 1 Safelok-Karabiner
- 3 HMS Schraubkarabniner
- 2 baugleiche Schnappkarabiner
- 2 Bandschlingen (á 120 cm)
- Reepschnur, 6mm, 4 Meter
- Reepschnur, 6mm, 2 Meter
- Eisschraube
- Micro Traxion
- Tibloc (inkl. ovalem Karabiner zur Befestigung am Gurt)
Vor dem ersten Eiskontakt
Vom Pitztal aus sind wir auf das 2434 Meter hoch gelegene Taschachhaus aufgestiegen. Das Schutzhaus ist auch DAV-Ausbildungsstützpunkt und bietet ideale Voraussetzungen für alpine Hochtouren, Aus- und Fortbildungen und Gletschertouren. Von der beeindruckenden Landschaft ganz zu schweigen! Direkt vom Taschachhaus aus sieht man auf den Taschachferner. Doch bis wir den ersten Fuß auf das Eis setzen konnten, ging es erst einmal in die Theorie und ins Trockentraining.
Das Gehen in der Seilschaft und vorwiegend die Rettung von Verunfallten stand im Fokus. Nach dem Ausrüstungscheck ging es los. Eine lose Rolle ist eine zwar aufwendige, aber im Grunde einfache Möglichkeit eine gestürzte Person aus einer Gletscherspalte zu befreien. Dazu wird über einen Fixpunkt eine Art Seilzug aufgebaut. Die erlaubt es wiederum den oder die Verunfallte mit relativ geringem Kraftaufwand aus der Spalte zu befreien.
Neben dem richtigen Material sind dazu auch Kenntnisse in Sachen Knoten wichtig. Insbesondere der Prusik-Knoten spielt eine entscheidende Rolle, wie Ihr auch in den beigefügten Video-Tutorials sehen könnt.
Auf dem Gletscher
Nach der Einführung und einer erholsamen Nacht ging es am darauffolgenden Tag auf den Taschachferner, eine gute Stunde entfernt von der DAV Hütte. Bereits der Weg zum Gletscher hin ist beeindruckend. Ehrfürchtig geht man auf den blau, weiß und grau schimmernden Riesen zu. Wie eine zerfurchte Elefanten- oder Walhaut mutet die Oberfläche des ruhenden Kolosses an.
Mit den Steigeisen unter den Füßen und dem Eispickel in der Hand geht es in Richtung Gletscherrand auf der gegenüberliegenden Seite. Dort lassen sich die erworbenen Kenntnisse in der Praxis umsetzen. Glücklicherweise ist in diesen frühen Sommerwochen kein Neuschnee auf dem Gletscher, sodass die wenigen, kleinen Spalten gut zu erkennen sind.
Dann geht es ans Üben. Dem wichtigsten Element bei der Spaltenbergung. Nur mit regelmäßigem Training sitzen die Handgriffe und auch die Kommunikation.
Zuerst Eisschraube setzen, dann den quasi Verunfallten über den Spaltenrand ablassen, und los gehts. Ankerpunkt, Selbstsicherung. Prusik. Die erlernten Handgriffe gehen schon deutlich besser vonstatten. Aber es wird uns bewusst, dass es noch einiges an Übung braucht, damit man so eine Rettungsaktion auch unter Stress ruhig und sicher durchführen kann.
Neben der Rettung durch die Seilschaft lernen wir auch die Möglichkeit der Selbstrettung mittels Prusik und Seilrolle. Eine kraftraubende Angelegenheit.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil unserer praktischen Ausbildung war das sichere Gehen auf Eis und der richtige Einsatz von Steigeisen und Pickel in steilem und sehr steilem Gelände. Ich war vollkommen überrascht wie viel diese kleinen Haken im Eis halten können. Und auch wie schnell man bei der falschen Technik unten liegt, was glücklicherweise niemand in Bild und Ton festgehalten hat.
Rettung aus der Gletscherspalte nach einem Sturz
Ortovox stellt nicht nur Kleidung und Ausrüstung für Hochtouren her. Mit der Safety Academy verfügt Ortovox über ein umfangreiches Online-Tutorial über das man seine Kenntnisse auffrischen, testen und erweitern kann.
Ein fester Bestandteil dieser Academy sind auch Video-Tutorials. In der Ortovox Safety Academy Lab Ice findest Du alle Themen, die wir an unseren beiden Tagen am Gletscher in Theorie und Praxis gelernt haben.
Die Westalpen Kollektion von Ortovox
Linktipps
Wir waren auf Tour mit der Ortovox Safety Academy und Stefan Hofmeister, Bergführer bei Blue Mountain Spirit Bergschule, die auch individuelle Kurse zu diesem und verschiedenen weiteren Themen anbietet.
Ich war selbst noch nie an einem Gletscher wandern. Ich hätte Respekt vor der Wanderung aber auch genau so viel Lust darauf. So eine Drahtseilklemme ist für die Sicherheit wahrscheinlich das wichtigste.