Zuletzt aktualisiert am 9. August 2023
Es gibt immer verschiedene Ansichten, wenn es um Grossprojekte geht. Wenn es um tiefe Eingriffe in die Natur geht natürlich auch. Da sind auf der einen Seite die Interessen der Naturschützer und Umweltverbände, auf der anderen Seite die wirtschaftlichen Interessen von Kommunen, Betreibern und Investoren, aber auch die der unmittelbar vom Tourismus abhängigen Einwohner einer Region.
In einer vom Tourismus geprägten Region wie dem Allgäu leben tausende Menschen mittel- und unmittelbar vom Tourismus. Nicht nur in den Ortschaften, in denen Projekte anstehen, sondern auch in der nahen und weiteren Umgebung. Beherbergungsbetriebe ebenso, wie sämtliche Zulieferer, Arbeitnehmer, Dienstleister, die von den Arbeitnehmern profitieren, und, und, und… Vollkommen klar, dass hier zahlreiche Argumente auszutauschen und zu bewerten sind und dass es schwer ist, Einigungen oder Kompromissen zu finden und zu formulieren.
Was aber gerade mit den Planungen zur Liftschaukel am Riedberger Horn geschieht, ist für mich nicht nachvollziehbar. Hier werden Regelungen und Schutzpläne außer Kraft gesetzt oder geändert und ein Präzedenzfall geschaffen, der unabsehbare Folgen haben wird. Vormals wichtige Schutzzonen werden umgestuft, Grenzen verändert, und es wird auf eine äußerst befremdliche Art mit Lebensräumen geschachert wie bei Grundstücksverhandlungen. Pro’s und Contra’s spielen da offenkundig untergeordnete Rollen.
Vielleicht schielen zu viele auf die großen Skigebiete in der näheren Umgebung. Vielleicht versuchen Menschen allzuoft vermeintlichen Vorbildern nachzueifern, anstatt eigene Wege zu gehen. Gegen den Strom zu schwimmen. Glauben wir ernsthaft, wir werden im Allgäu zu einem Hotspot wie Arlberg, Wilder Kaiser oder die Gebiete südseitig der Alpen und können mit den dort getätigten Investitionen, Neuerschließungen und auch damit verbundenen Marketing-Geldern mithalten?.
Gerade weil wir hier im Allgäu Großteils vom Tourismus leben sollten wir in erster Linie auf unser teuerstes und empfindlichstes Gut besonderen Wert legen: unsere Natur. Ich bin überzeugt, dass ein sanfter, nachhaltiger Tourismus der Grundstein für den Erfolg künftiger Generationen und das größte Kapital unseres Allgäus sein wird.
Hier die Pressemitteilung der CIPRA (Internationale Alpenschutzkommission) vom 28.03.2017:
Pressemitteilung
Alpenplan: Bayerisches Kabinett übergeht das Votum der Verbände und der bayerischen Bürger gegen die Änderung des Alpenplan
Das Bayerische Kabinett hat in einem überfallartigen Beschluss die Änderung des Alpenplans in die Wege geleitet, um das Liftprojekt am Riedberger Horn zu realisieren. Erst vergangene Woche am 22.03.2017 endete die Frist für Stellungnahmen der Bürger zur Änderung des landesweit gültigen Landesentwicklungsprogramms mit dem Bestandteil „Alpenplan“. Hunderte von Stellungnahmen sind beim bayerischen Innenministerium hierzu eingegangen. Nach nur drei Arbeitstagen hat nun die bayerische Ministerrunde die Änderung des Alpenplans durchgewunken.
Die Naturschutz- und Umweltverbände haben diesen überhasteten Beschluss der Bayerischen Staatsregierung mit Entsetzen wahrgenommen.
„Die bayerische Staatsregierung flüchte sich panikartig in einen Beschluss, der für den gesamten deutschen Alpenraum Präzedenzcharakter hat. Jahrzehntelang hatte der Alpenplan für den gesamten Alpenraum Vorbildcharakter, nun wird er kurzfristigen Interessen geopfert.“ so Erwin Rothgang, Präsident von CIPRA Deutschland.
„Der bereits vergangene Woche bestehende Eindruck, die Staatsregierung habe schon vorweg politisch den Bau der Lifte am Riedberger Horn festgelegt wurde nun durch diesen Schnellschuss bestätigt. Der Neuzuschnitt der Zone C am Riedberger Horn lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Bayerische Staatsregierung die Skigebietsverbindung genehmigen will. Gravierende fachliche Argumente können nach drei Arbeitstagen kaum gewürdigt worden sein.“ kommentiert Rudi Erlacher, Vizepräsident des Deutschen Alpenvereins den Kabinettsbeschluss.
„Die vom Kabinett beschlossene LEP-Änderung ist ein politischer Skandal und bedeutet einen Paradigmenwechsel im seit über 40 Jahren bewährten Alpenschutz in Bayern. Die geplante Skischaukel am Riedberger Horn verstößt massiv gegen internationales Recht. Wir werden mit allen legalen Mitteln weiter für den Schutz des Riedberger Horns kämpfen, um den drohenden Bergrutsch der Landesplanung zu stoppen“, so Prof. Hubert Weiger, Landesvorsitzender des BUND Naturschutz.
„Der Freistaat Bayern kommt der Verpflichtung zum Erhalt der Biodiversität auch durch den Vollzug verbindlicher internationaler Vereinbarungen, insbesondere der Alpenkonvention, nach“, sagt Dr. Norbert Schäffer, erster Vorsitzender des LBV. „Wie die bayerische Staatsregierung diese gesetzlichen Vorgaben mit einem Handstrich zunichtemacht, ist unfassbar“, so Schäffer weiter.
„Für den Erhalt des bayerischen Alpenplans und gegen Neuerschließungen in der sogenannten Ruhezone C sprechen sich an einer repräsentativen Umfrage 91% der bayerischen Bevölkerung aus. 100% aller Bayern dürften wohl gegen dieses Schnellverfahren des bayerischen Kabinetts sein. Das Politikverständnis von ganz Bayern wird mit den Füßen getreten“, entsetzt sich Erwin Rothgang, Präsident von CIPRA Deutschland, weiter über den Beschluss des bayerischen Kabinetts.
Der Alpenplan hat in seiner nun bald 45-jährigen Geschichte internationalen Vorbildcharakter erlangt. Er hat Bayern, verglichen mit anderen Alpenländern, vor überbordender Skigebietserschließung bewahrt und geholfen, die landschaftliche Vielfalt und Ursprünglichkeit des bayerischen Alpenraums zu erhalten. Der Alpenplan hat seit seinem Erlass 1972 unverändert Bestand. Bereits damals ging es auch um die Verbindung der beiden Skigebiete Balderschwang und Grasgehren. Der Alpenplan hat dieses Vorhaben bewusst ausgeschlossen und das Riedberger Horn der Zone C zugeordnet.
Die nächsten Verfahrensschritte zur Änderung des Alpenplans dürften eine Expertenanhörung am 27. April im Landtag und der kurz darauf zu erwartende Beschluss im Landtag sein. Die Naturschutzverbände prüfen nun die Rechtslange, um angemessen auf diesen Beschluss der Staatsregierung reagieren zu können.
Telefonische Rückfragen an Erwin Rothgang, Präsident von CIPRA Deutschland: 0170 9386 151
Quelle: Deutscher Alpenverein